aktion tier Lottihof Begegnungsstätte für Kinder und Tiere
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aktion tier Lottihof

TransFARMation rettet Leben

Mein Name ist Emilia, ich bin 25 Jahre alt und ausgebildete Tierpflegerin in der Fachrichtung Tierheim/ Tierpension. Bereits während meiner Ausbildung lag mir ein faires Miteinander von Mensch und Tier am Herzen. So setze ich mich nicht nur während meiner Arbeitszeit tatkräftig für die Vierbeiner ein, sondern auch nach Dienstschluss, in Form von Aufklärungsarbeit.

Emilia Löffler, Tierpflegerin auf dem aktion tier Lottihof
Emilia Löffler Foto: © aktion tier Lottihof

Nun arbeite ich nicht länger im Tierheim, sondern bin seit einigen Wochen Teil des Teams auf dem aktion tier Lottihof. Neben der Arbeit mit Kleintieren wie Meerschweinchen, Kaninchen und Co. arbeite ich nun auch mit sogenannten Nutztieren, wie z.B. Hühnern, Schweinen und Rindern. Fast zeitgleich zu meinem Arbeitsbeginn zogen auch die Kälber „Hope“ und „Tara“ auf den Lottihof. Zusammen mit drei weiteren jungen Kälbern wurden sie mit Hilfe des Vereins Tierparadies MUHrielle e.V. von einem Hof übernommen, der sich für den Weg der TransFARMation entschieden hat.

TransFARMation – was ist das eigentlich?

TransFARMation ist ein Neologismus, der sich aus den Worten „Tranformation“ und „Farm“ zusammensetzt. Es beschreibt also die Umwandlung eines herkömmlichen Nutztierbetriebs in einen Betrieb, der aus ökologischen Gründen ganz, oder in Teilen, auf die Haltung von Tieren als Nutztiere verzichtet. Aber wieso stellen viele Landwirte in ökologische, bzw. nachhaltige Landwirtschaft um? Und wieso bedeutet dies oft die Aufgabe der konventionellen Nutztierhaltung? Und was hat unser Konsumverhalten damit zu tun? Um diese Fragen beantworten zu können, müssen wir zunächst einen Blick in die konventionelle Milchviehhaltung werfen.

Eine durchschnittliche Hochleistungsmilchkuh „produziert“ 8000-10000 Liter Milch pro Jahr

Wie jedes Säugetier gibt die Kuh diese Milch aber nicht einfach so, sondern nur nachdem sie ein Kalb geboren hat. Hierfür wird sie im Alter von 18 Monaten das erste Mal künstlich befruchtet. Nach neun Monaten wird ihr Kalb geboren. Mit Glück darf dieses die ersten Stunden bei der Mutterkuh bleiben und trinken, um durch die sogenannte Biestmilch, auch Kolostrum genannt, lebenswichtige Antikörper zu erhalten. Direkt nach der Geburt baut die Mutterkuh eine innige Beziehung zu ihrem Kalb auf. Sie leckt ihr Kalb intensiv und muht dabei sachte. Dies dient als Wiedererkennungssignal. Das Kalb selbst sucht den engen Körperkontakt, kuschelt mit ihr und sucht Schutz bei seiner Mutter.

Nach einigen wenigen Stunden werden Kalb und Kuh voneinander getrennt. Dies ist häufig mit Schwierigkeiten verbunden, da die Mutterkuh sich meist zwischen Landwirt und Kalb stellt, um es zu beschützen. Ist die Trennung erfolgt, rufen Mutterkuh und Kalb, je nach Trennungszeitpunkt, oft tagelang nacheinander, um sich wiederzufinden. Die Trennung erfolgt zum einen deshalb so früh, weil die Separation von Mutterkuh und Kalb schwieriger wird, je tiefer die Beziehung geht, zum anderen, weil die Milch, die das Kälbchen trinkt, dem Betrieb keinen Gewinn bringt.

Die Milchleistung ist in den ersten sechs Wochen nach Geburt des Kalbs am höchsten, danach nimmt die Leistung ab. Das liegt daran, dass zu dieser Zeit das Kalb, würde es noch bei seiner Mutter stehen, damit beginnen würde, zusätzlich zur Milch feste Nahrung zu sich zu nehmen. Das ist der Moment in dem die Kuh erneut künstlich besamt und bald schon wieder tragend sein wird. Auch während der Tragzeit wird die Kuh weiter gemolken. Lediglich 2- 8 Wochen vor Geburt des neuen Kalbs wird eine Melkpause eingelegt, um die Kuh vor der Kalbung, also der Geburt, zu schonen.

Eine Kuh gibt also ca. 305 Tage im Jahr Milch

Nach fünf Jahren ist die Mutterkuh physisch und psychisch ausgelaugt. Ihre Milchleistung sinkt, und sie wird unrentabel. Dies bedeutet den sicheren Tod im Schlachthaus, obwohl Rinder in Freiheit bis zu 25 Jahre alt werden können. Und die Kälber, die nur geboren wurden, damit die Mutterkuh weiter Milch gibt? Weibliche Nachkommen folgen dem Schicksal ihrer Mütter. Sie werden Hochleistungsmilchkühe, werden Kälber gebären, bis ihre Leistung abnimmt und sie ausgedient haben. Männliche Nachkommen bleiben mindestens vier Wochen im Betrieb und werden dann verkauft. Mit Glück werden sie von einem Mastbetrieb in Deutschland oder der EU gekauft. Dort werden sie 4-6 Monate lang gemästet und schließlich geschlachtet. Mit Pech werden sie ins Nicht-EU-Ausland verkauft. Der Grund dafür ist einfach: Die Erlöse in den Nicht-EU-Ländern sind 10-mal höher als in den Ländern der EU. So erhält ein Landwirt hierzulande um die 10 Euro, nicht pro Kilo Fleisch, sondern pro (männlichem) Kalb. Die Problematik an einem Verkauf in NichtEU-Länder besteht darin, dass diese kein Tierschutzgesetz besitzen und die Tiere häufig nach wochenlangem Transport unter grausamen Bedingungen geschlachtet oder sogar geschächtet werden.

Der Mensch ist die einzige Spezies, die auch im Erwachsenenalter noch Milch trinkt und das nicht gerade wenig; ganze 315L konsumiert jeder Deutsche pro Jahr an Milch und Milchprodukten. Dies ist nicht nur deshalb ein Problem, weil wir damit aktiv dazu beitragen, den Teufelskreis des Leidens und Sterben der Milchkühe zu fördern, sondern ist auch aus ökologischer Sicht problematisch. Ein Liter Kuhmilch hat im globalen Durchschnitt eine Klimawirkung von ca. 2,4 kg Kohlendioxid und ist damit also in etwa so klimaschädlich wie die Verbrennung von einem Liter Benzin.

Wie bei allen Produkten im Verkauf bestimmt die Nachfrage das Angebot

Wir können mit unserem Konsumverhalten also tatsächlich etwas Gutes bewirken, in dem wir den Teufelskreis durchbrechen und auf pflanzliche Alternativen umsteigen. Hafermilch verbraucht in der Herstellung 60% weniger Energie, auch die benötigte Landnutzung ist beim Anbau von Hafer um 80% geringer und der CO2 Verbrauch sinkt um ganze 76% im Vergleich zu herkömmlicher Kuhmilch. Und das Beste: Wir unterstützen mit dem Kauf von pflanzlichen Alternativen 0% des Leidens der Milchkühe.

Tara und Hope, die zwei Kälbchen, die bei uns auf dem Lottihof zur Pflege sind, haben eine ganz besondere Geschichte. Eine Geschichte die zeigt, dass TransFARMation Leben rettet. Eine Geschichte, die nur wenige Kälber mit ihnen teilen. Sie bleiben so lange bei uns bis sie alt genug sind in ihr Für-immer-Zuhause zu ziehen. Tara und Hope dürfen erwachsen werden. Ohne Leistung erbringen zu müssen, ohne ihr Leben lang für die „Produktion“ von Milch leiden zu müssen. Sie dürfen über Wiesen toben, miteinander spielen, kuscheln und zusammen alt werden. Sie dürfen erleben, was es heißt in einem Herdenverband groß zu werden, sich selbst Freunde suchen und ein unbeschwertes, glückliches Leben führen, so wie das auch unsere fünf hofeigenen Rinder tun. Tara und Hope leben ihr Happy End, und es ist jeden Tag eine Freude zur Arbeit zu kommen und zu beobachten, wie sie von Tag zu Tag mutiger werden und uns mehr Vertrauen schenken.