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Hausrinder | Rinder-Wahnsinn

Biokühe leben auch nicht glücklicher

Milch ist nach wie vor bei vielen beliebt – ob pur, als Joghurt oder im Käse. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen die Industrie mit Milch „müde Männer munter“ werden lassen wollte. Doch Milch zählt weiterhin zu den Grundnahrungsmitteln. Jeder Deutsche verbraucht Jahr für Jahr ca. 50 Kilogramm. Rechnet man Joghurt, Quark, Käse und Butter hinzu, kommen wir pro Kopf sogar auf über 80 Kilogramm. Um diese enorme Nachfrage decken zu können, verschwinden auch in der Milchindustrie die kleinbäuerlichen Betriebe zugunsten großer Agrarfabriken.

Rinder in Laufstallhaltung
Laufstallhaltung mit Spaltenböden und Liegeboxen. Foto: © Ursula Bauer

Diese können, hochentwickelt und auf dem modernsten Stand der Technik, mit nur wenigen Arbeitsplätzen – d. h. geringen Kosten – riesige Zahlen an Milchvieh „abfertigen“, also füttern, schwängern, melken und, wenn die Milchleistung nicht mehr rentabel ist, Kühe für den Weg zum Schlachthof aussortieren. Gleichzeitig werden auch die Milchkühe immer weiter auf Leistung gezüchtet. Eine moderne Milchkuh gibt mit bis zu 7 Tonnen pro Jahr fast ein Drittel mehr Milch als eine Kuh noch in den 1990er Jahren. Dies erklärt auch, warum die Gesamtmenge der heute produzierten Milch steigt, obwohl die Anzahl der Milchkühe seit Jahren sinkt. Auch die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe mit Milchkuhhaltung wird immer kleiner – in den letzten 15 Jahren sind bundesweit ca. 60.000 wirtschaftliche Milchbetriebe verschwunden. Ähnlich wie in anderen Sparten der Agrarindustrie sorgt der gewaltige Preisdruck auch im Milchgeschäft dafür, dass eine immer größere Menge zu immer niedrigeren Preisen produziert werden muss.

Zur Hochleistung gezwungen, sind die Körper der Milchkühe nach wenigen Jahren ausgelaugt. Knochenbrüche und Mangelerscheinungen sind keine Seltenheit und Anzeichen dafür, dass der Körper der Kuh sich selbst Energie entzieht, die für die Milchbildung benötigt wird. Viele Menschen verschließen zudem die Augen davor, dass auch Milchkühe in erster Linie Mütter sind, die ihre Kinder stillen wollen. Nur wenn sie trächtig sind und Kälber auf die Welt bringen, geben Kühe Milch. Nach etwa 5-7 Jahren schließlich wird die Milchkuh in der Regel unrentabel, sie verbraucht mehr Energie in Form von Futter, als sie produzieren kann – dies ist dann meist das Todesurteil. Angesichts dieses Kreislaufs scheint – unterstützt vom geschönten Werbeidyll – der Ausweg leicht: Für viele Verbraucher bietet das Biosiegel die Möglichkeit, sich relativ leicht ein gutes Gewissen zu erkaufen. Bilder von glücklichen Kühen auf grünen Wiesen versprechen eine schöne Welt, fernab von der Anbindehaltung in dunklen Ställen, von Spaltenböden und dem Elend in der Massentierhaltung.

Große Milchbetriebe werden stetig größer, kleinere Betriebe können dem wachsenden Druck nicht standhalten und müssen schließen. Die Leidtragenden sind, wie so häufig, aber auch hier vor allem die Tiere.

Doch auch für Biokühe gilt: Wer nicht geschwängert wird, gibt keine Milch. Damit die Produktion nicht unterbrochen wird, werden auch die Kälber von Biokühen in der Regel bald nach der Geburt von ihren Müttern getrennt, meistens noch in der ersten Woche. Die so verbleibenden wenigen Tage als Familie machen den Tieren die Trennung dabei nicht leichter. Die männlichen Nachfolger erwarten anschließend meist das Schicksal der Kälbermast und ein baldiger Tod im Schlachthof, weibliche Kühe folgen ihren Müttern auf dem Weg in die Milchproduktion und ersetzen diese dann regelmäßig. Zwar sind die Haltungsbedingungen für Biokühe etwas strenger als die regulären Anforderungen, einige Erzeugerverbände wie demeter oder Naturland übertreffen diese zum Teil zusätzlich noch. Doch auch wenn Biokühe auf den ersten Blick etwas weniger unterdrückt werden – dem System der Milchproduktion ist die Ausbeutung immanent. Darüber hinaus kann auch das Biosiegel nicht davon ablenken, dass wir Menschen die einzigen Säugetiere sind, die über das Säuglingsalter hinaus Milch (zudem noch die einer fremden Art) konsumieren – und dabei alle Risiken in Kauf nehmen, die mit dem Milchkonsum einhergehen. So kommt es, hervorgerufen durch das artfremde Eiweiß, häufig zu allergischen Reaktionen wie Neurodermitis, Durchfall, Infekten oder auch Asthma. Zusätzlich können Ablagerungen von Eiweiß und Calcium Herz-Kreislauferkrankungen befördern, überdies bringen die Inhaltsstoffe der Milch den körpereigenen Haushalt durcheinander. Immer mehr Menschen leiden unter Laktose-Intoleranz, ohne dies überhaupt zu wissen. Dabei könnten viele negative Auswirkungen leicht abgestellt werden – die Auswahl an pflanzlichen Alternativen zur Kuhmilch ist so vielfältig, gesund und schmackhaft wie nie zuvor – ganz ohne Risiken und schlechtes Gewissen.

Jan Peifer